Zur Skulptur von Cornelia Brader
„Ponykid“ ist der Durchbruch zu einer originären Thematik und eigenständigen skulpturalen Großform in Cornelia Braders Werk. „Ponykid“ steht für die Werkgruppe der Reiter- und Pferdeskulpturen, die zwischen 2003 und 2007 entstanden. Unseren Bildern eines Reiterstandbildes wird ein neues – bisher ungesehenes hinzugefügt. Längst hat in unserer Wahrnehmung das Reiterbild seine alte Präsenz im öffentlichen Raum eingebüßt und ist museal geworden. Die Erhöhung von Kaisern, Eroberern und Feldherren im Reiterstandbild ist Geschichte – und dennoch bestimmt der „Marc Aurel“ auf dem römischen Kapitol, der „Colleoni“ in Padua oder „Friedrich der Große“ in Berlin die Vorstellung dieses Motivs. Marino Marini hat dieses traditionelle Bild gebrochen und mit „Il Miracolo“ aus der plastischen Einheit von Mensch und Tier ein Zeichen existentieller Bedrohung aller Kreatur geschaffen.
„Ponykid“ ist die Wiederaufnahme dieser Bildtradition auf eine besondere Weise. Das Erlebnis einer einzigartigen jugendlichen Unterschichtenkultur in den Dubliner Vorortvierteln gab Cornelia den Anstoß. Dort leben die Jugendlichen, Kinder der zu Sesshaftigkeit gezwungenen Traveller, mit ihren Ponys. Cornelia recherchierte zeichnend und fotografierend vor Ort. So entsteht ein e Werkreihe lebensgroßer Reiterskulpturen in einem Realismus, der das Milieu erlebbar macht, ohne sozialkritisch zu sein. Ein Realismus der konstatiert.
Dieser sachliche Blick bestimmt auch ihr weiteres Werk.
Cornelia ist eine originäre Holzbildhauerin. In der Werkgruppe der „Ponykids“ entstehen großformatige Holzskulpturen. „Ponyjunge 2005“ und „Ponykid 2007“ übersetzten das Thema in eine lebensgroße Einheit von Mensch und Tier. Der konstruktive Bau der Hölzer wird Gegenspiel zu bewegten realistischen Form. Eine weißgraue Tönung nimmt den Holzcharakter zurück. „Weißes Pferd 2005“ wird zum Monument für ein Tier, nüchtern, groß gesehen, organische Form gegen kubisches Volumen gesetzt, nicht veredelt oder geschönt.
Aus einem Stamm sind jeweils ihre „Stehenden“, „Wartenden“, „Badenden“ – alle einfach in ihrer Haltung, farbig gefasst, Kleidung betonend. Sockel ist ihnen jeweils das verbliebene Holz aus dem sie gearbeitet sind. Sie haben so ihren Raum, in die sich die Form öffnet, ihr Podium auf dem sie agieren. Die farbige Fassung der Kleidung oder auch ein zweites Material deuten die Holzfarbigkeit zur Haut. Die Farbakzentuierungen in den Gesichtern verstärken diesen Eindruck wie bei der großen „Badenden 2007“ in Burhave.
Eine genaue Beobachtung von Haltung und Gestus bestimmen die Individualisierung. Die beiden großen Badenden von 2010 sind bestimmt von einer lapidaren Bestandsaufnahme, jede Idealisierung ist diesem Menschenbild fern. Sie sind Volumen im Raum.
Manchen Skulpturen ist ein verhaltener Humor eigen, deutlich in den kleinen Bronzen wie „Cowboy“ oder der großen stehenden Badenden von 2010.
Immer aber sind ihre Skulpturen Setzungen einfacher plastisch räumlicher Formulierungen, in die sich Details einfügen in Balance zur Techne, der „Handschrift“ der Holzbildhauerin.
Prof. Bernd Altenstein, Bremen, 14.02.2011